Galerie Antje & Rudi 

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40 Einträge auf 4 Seiten

Rudi Nauschütt

17.03.2019
17:17
16.03.2019 - Letzter Spieltag

Das Museum der Menschenrechte ist der wohl auffälligste Bau der Stadt. Auch der modernste, und nicht zuletzt der mit den wichtigsten Inhalten für die gesamte Weltbevölkerung. Es bleibt zu hoffen, dass Menschenrechte nicht in einer Ausstellung eingesperrt bleiben. Eine besondere Abteilung wird Nelson Mandela gewidmet, weitere betrachten die Entwicklung der Ethik von den ersten Philosophen an bis zu den Menschenrechtler*innen der Neuzeit. Ein Streifzug durch die Epochen Kanadas Gesellschaft, die nicht immer so offen und liberal gegenüber Andersdenkenden und Ethnien war. Ob es sich um das Verhältnis zu den First Nations oder der japanischen Minderheit handelte, die nach Kriegseintritt enteignet und in abgelegene Provinzen deportiert wurde. Eine weitere Sektion ist der Aufarbeitung des Holocaust und des auch in Kanada latenten Antisemitismus gewidmet.
Mit dem Fahrstuhl lässt man sich in den achten Stock hieven und hat vom Glasturm einen hervorragenden Blick auf Winnipegs Skyline. Eine Stadt im Schnee.
Das letzte Spiel der NHL Saison - für uns. An diesem Abend geht's gegen die Flames ran, die wir in Calgary schon zweimmal haben siegen sehen. Heuer wird es für die Auswärtsmannschaft rund um 'Johnny' garntiert nicht so leicht. Sowohl die Jets auch als die Flames führen ihre Division an. Ein Spitzenspiel! Wir beginnen mit einer Schweigeminute für die Opfer des Anschlags in Christchurch/NZ, in dem Menschenrechte mit Füßen getreten wurden. Auf dem Würfel erscheint die Neuseeländische Flagge und in der Halle kann man eine Stecknadel fallen hören.
Dennoch: Show must go on! Kanadas Nationalhymne können wir schon gut mitsingen, so oft haben wir sie gehört. Auch der Einsatz TRUE NORTH klappt prima. Unsre Plätze sind im Oberrang, da ist die Aussicht auf das Spielfeld exzellent, aber man bräuchte einen Feldstecker, um die Namen auf den Trikots zu entziffern. Wenn's ein nächstes mal gibt, dann weiter vorn. Unbedingt.
Es dauert knapp ein ganzes Drittel, bis das erste Tor fällt. Für die Jets. Beide Teams liefern sich einen harten Fight. Das Spiel ist ausgeglichen. Es wirkt jedoch auch streckenweise 'dahinplä­tschernd' - wenn auch auf hohem Niveau. Erst nach sieben Spielminuten im 2. Drittel gleichen die Flames per Shorthander (in Unterzahl) aus, nachdem zuvor Johnny nur zwei mal den Pfosten traf. Das 2:1 erziehlen die Jets kurz vor Ende im selben Spielabschnitt.
In der Pause erscheinen die Namen unsrer Reisegruppe auf dem Bildschirm. Ja wie geil ist das denn! Hat es der kanadische Guy doch geschafft uns auf den Würfel zu kriegen. Das ist selbstverständlich eine tolle Sache, einmal während eines NHL Spiels namentlich erwähnt zu werden. Jetzt haben es alle gesehen und auch alle von uns haben ein Foto gemacht.
Das Spiel ist aus. Die Flames haben nochmal alles reingeworfen, zwei Minuten vor Schluss den Torwart rausgenommen und konnten doch nicht das Bollwerk der Jets Defensive überwinden. Die Stimmung ist viel besser als beim letzten Spiel. Die Fans strömen geordnet aus der Halle und sehr schnell sind sie in warmen Locations verschwunden, um bei einem Bierchen das Spiel zu analysieren. Oder das nächste im TV zu gucken (Edmonton/Arizona), bei dem gerade ein nicht geringerer als der amerikanische Rockstar Alice Cooper den Puck einwirft.
Ja, und das war's auch schon wieder mit meinem Blog. Herzlichen Dank für das Interesse und - vielleicht - bis zum nächsten mal. Hockey Night in Canada sagt gute Nacht - es war eine fantastische Tour.

Rudi Nauschütt

16.03.2019
16:49
15.03.2019 - Moose (Muuuhhs)

Auf der Tagesordnung steht heute abend der Besuch eines AHL (American Hockey League) Spiels bei den Winnipeg Moose (Elche). Das Niveau entspricht ungefähr dem unsrer Bundesliga lass ich mir sagen (demnach letztendlich immer noch top).
Für die Zeit dorthin entscheiden wir uns für einen Ausflug in den örtlichen Zoo, der von den kanadischen Guys empfohlen wurde. Es ist bitterkalt, doch Einheimische versichern uns, dass es für den März eigentlich schon zu warm sein. Man mag es nicht glauben, heute sei der erste 'warme' Tag seit Anfang Dezember. Temperaturen bis -40 waren nicht selten. Da fühlen sich vor allem die Eisbären wohl. Sie sind in einem weitläufigen Gehege untergebracht. Schroffe (künstliche) Felswände umschließen ihr Terretorium. Dazwischen gibt es immer wieder breite Lücken, die mit Glasscheiben versehen sind. Sehr angenehm, dass wir uns auch in einem Gebäude aufhalten können, um den Königen des Eises zuzuschauen, ohne zu frieren. Der absolute Knaller sind die Unterwassertunnel, durch die man ihr Becken trockenen Fußes unterqueren kann. Da nun mal Polarbären Kälte abkönnen, haben sie auch kein Problem damit, ihren Pelz in den eiskalten Pool zu werfen und wie tobende Pänz das Gewässer 'unsicher' zu machen. Aus unsrer 'U-­Boot-­Perspektive' sehen wir die strampelnden Schwergewichte, wie sie sich elegant im Wasser bewegen. Die Burschen paddeln unmittelbar über unsren Köpfen und erinnern mich ein bisschen an meinen ersten Teddy, den ich zum waschen in die Badewanne warf. Holte ich ihn aus dem Wasser heraus, sah er dann auch wie ein aalglatter Dandy, der geföhnt werden musste. Die 'echten' Eismeerbewohner schütteln sich dafür nur einmal und, schwups sind sie nahezu wieder trocken, um sich anschließend mit dem Kopf voran durch den Schnee zu schieben. Allein das Zusehen lässt bibbern. Gut, dass meine Moonboots die Füße warm halten und auch ansonsten - bis auf die Nase - alles bestens eingepackt ist.
Wir durchqueren wir den Park, stoßen auf weitere Tiere, Yaks, die das aktuelle Klima ebenfalls genießen. Beim sibirischem Tiger bin ich mir da nicht ganz so sicher, auch die Weißkopfadler lassen die Köpfe hängen. Was jedoch auch daran liegen mag, dass ihre Gehege eine Spur zu klein ausgefallen sein dürften. Enne Besuch im Zoo ... oh, oh, oh, oh .... im dicksten Winter - für die meisten von uns eine Premiere.
Das Taxi bringt uns in die Forks (ein Park am Zusammenfluss des Red River und Assiniboine River - gerade mal fließt allerdings nix, da sie beide vereist sind und man mit einem Panzer rüberfahren könnte). Wir schauen uns ein bisschen im Eispark um und spazieren am Gewässer entlang zurück zum Häuserblock, in dem sich das Hotel befindet. Auf unsrem Weg dorthin kommen wir quasi durch die Hintertür. In abgelegeneren Häusergassen dürfte mal wieder der Müll entsorgt werden. Die Telefon und Elektro- Verkabelung verläuft oberirdisch und hängt an Masten wie Girlanden an einem Baum. Gestrandete der sogenannten Zivilation halten sich an windgeschützten Stellen auf, belästigen jedoch keine Passanten.
Kurz vor dem Spiel treffen wir uns nochmal mit den Kanadiern zum Dinner. Der Nachfahre des zweiten Bürgermeisters setzt heute mal aus. Seine Enkel sind auf Besuch. Er macht den Babysitter. Dafür ist der zweite Guy in Begleitung seiner Gattin. Eine sehr angenehme Person, die jedoch absolut kein Eishockey mag. Dabei steht doch heute abend für die Moose (Elche) ein wichtiges Spiel an. Sie kämpfen um den Einzug in die AHL Playoffs gegen die Texas Stars, die ihnen vier Punkte voraus sind. Es geht um einiges.
Die Halle ist nur mäßig besucht, obwohl die Tickets günstig zu haben sind. Daher kommen wohl auch hauptsächlich Familien ins Stadion. Eltern, die ihren Jüngsten den Besuch eines Eishockeyspiels ermöglichen. Die Eintrittspreise der obersten Liga (NHL) sind fast unerschwinglich, dass man kaum mehrköpfig und schon garnicht häufig live zuschauen kann, will man nicht Millionär sein oder einen Kredit aufnehmen (bestimmt tun das sogar einige Fans).
Wir sitzen unmittelbar hinter der Bande, sozusagen auf Augenhöhe mit dem Keeper. Immerhin trennt uns die Scheibe von den Checks, die heftig vor uns krachen. Ihn nicht. Solch ein Hit kann schon mal die Bude wackeln lassen. Und wenn die Pucks an die Scheibe knallen, dann zuckt der ein oder andre hinter der Absperrung unwillkürlich zusammen.
Texas geht in Führung und die Moose haben es schwer, das Tor zu verteidigen, laufen zweimal in einen Konter und bald steht es 0:3. Das zweite Drittel verläuft für die Elche auch nicht viel erfolgreicher, sie kommen zwar zum Anschlusstreffer werden allerdings kurz vor Ablauf des Spielabschnitts mit einem weiteren Tor 'bedient'. Lange Gesichter bei den Moose Fans. Man sollte jedoch im nordamerikanischen Hockey nie die Hoffnung aufgeben. Bis zur Schlusssirene wird 'geackert'. Es ist nicht verwunderlich: Nochmal drei Tore der Heimmannschaft und zum Ende des dritten Abschnitts ist der Ausgleich perfekt (4:4). Verlängerung! Dann die kalte Dusche: Golden Goal der Texas Guys und die Moose müssen sich geschlagen geben.

Rudi Nauschütt

15.03.2019
21:51
14.03.2018 - JETS - THE TRUE NORTH

Scharfer Wind bläst ins Gesicht. Eine unangenehme Sache, man wird quasi wie sandgestrahlt. Manche bezahlen dafür - beim Gesichtspeeling. Hier könnte ich durchaus drauf verzichten. Die Sonne lässt sich Zeit und ist nur als weißer Fleck hinter dichtem Hochnebel vage wahrnehmbar. Wir drehen eine kleine Runde zu Fuß. Auf der Suche nach Winnipeg. Irgendwas muss die Stadt doch zu bieten haben.
Es sind auffallend viele Obdachlose unterwegs. In unsrer Hotellobby werden einige von ihnen zum Aufwärmen geduldet. Die richtige Geste. Bei den Außentemperaturen kann keiner auf der Straße überleben. Sechs bis sieben Monate Eis und Schnee, das haut selbst den härtesten Tramp um. Schon schlimm, der Rand der Gesellschaft ist allgegenwärtig. Die Menschen kramen in Mülltonnen, oder sie betteln. Have you change? (hast du Kleingeld?). Ab und zu gibt's auch ein paar Dollar vom einen oder anderen Passanten in die Hand.
Wir stemmen uns gegen die Böen des abziehenden Blizzards durch Häuserschluchten. Vorbei an der Canadian Bank, ein ehrwürdiges Gebäude im victorianischen Stil. Im Gegensatz dazu wirkt die hypermoderne Architektur des Museum für Menschenrechte wie ein krasser Kontrapunkt. Es überwiegen jedoch die Zweckbauten. Die Platte. Nicht unbedingt attraktiv.
Hockey könnte man allerdings spielen. Die Eisfläche dafür ist im sehr geschmackvoll angelegten Forks Park vorhanden, glatt 'gehobelt' und sogar mit zwei Toren ausgestattet. Es fehlen lediglich Schlittschuh, Stock und Puck. Für ein paar Fotoposen Hockeyhunk reicht's immerhin.
In ehemaligen Lagerhallen am Rande des Parks wurden Lädchen und Imbisse installiert. Industriekultur - sie kommt eben auch hier gut an. Ein sechsetagiges Aussichtstürmchen eröffnet eine neue Perspektive auf Winnipegs Skyline. Wir verweilen für einige Fotos und schlängeln uns anschließend zwischen Schneebergen und parkenden Autos vorbei bis zum Bahnhof. Die Kuppel der Eingangshalle ist sehenswert. Von innen. Sie mutet geradezu 'vatikanisch' an. Reisende gibt's anscheinend wenige. Die Halle ist nahezu menschenleer. Vielleicht fahren auch kaum Züge. Bis auf die ewig langen Güterzüge. Wir können die Anzahl der Waggons nur schätzen. Es mögen weit über 150 sein.
Der Abend gehört dem Eishockeymatch. Wir treffen zwei Guys, die mit einem Exkollegen unsrer mitreisenden Michi (die alles immer so prima organisiert) bekannt sind. Für uns alle ist es ein neuer Kontakt. Die beiden sind schon 'älteren Semesters', prima drauf, tragen selbstverständlich die JETS Shirts und können eine Menge über Eishockey, Gott und die Welt plaudern. Es gibt Geschichten, die glaubt man nicht. Zufälle? Der eine ist ein Nachfahre des zweiten Bürgermeister der Stadt (1875 - 1876) - sagt er. Der andere hat auch wiederum einen Großvater (wer nicht?). Der war Deutscher aus der Gegend bei Görlitz und ist aus russischer Kriegsgefangenschaft von Sibirien zu Fuß bis hinter den damaligen Frontverlauf nach Hause gelaufen (die Geschichte dieses oder eines ähnlichen Falles wurde in einem Roman beschrieben und mehrfach verfilmt). Aber eigentlich sind wir ja alle für das Hockeyspiel hier, da gibt's genügend aktuelle (und angenehmere) Themen.
Die Jets vs. Boston Bruins - Face Off / Head up! Auf geht's zum nächsten Gameday. Das Eishockeyherz hüpft. Wir erwarten ein spannendes Spiel. Die amerikanische Nationlhymne erklingt (selbstverständlich live vorgetragen), im Anschluss die kanadische, die von einem schönen Heimatland handelt, auf das man acht geben muss.
Es beginnt mit: OH CANADA ... In einer nachfolgenden Zeile heißt es sinngemäß: .. mit glühenden Herzen sehen wir dich wachsen, den wahren Norden (true north) stark und frei .. Und da die Jets-Anhänger sich ein TRUE NORTH als Schlachtruf ausgedacht haben, schmettern sie bei dieser Textstelle dann auch ein donnerndes TRUE NORTH - indem sie ansonsten recht verhalten den Text begleiten.
1:0 in der zweiten Spielminute. Wir springen auf, klatschen ab und stellen uns vor, wie es zum Ende ausgehen wird - 10 Goals? Bestimmt gewinnt die Heimmannschaft. So ein Auftakt! In der 11. Spielminute nochmaliges Aufspringen, abklatschen. Das kann ja ein ˋbewegter' Abend werden.Zwischendurch wurden bereits Getränke zu unsrem Platz gekellnert. Alles FREE? Nö, gezahlt wird am Schluss. OK, schade! 17. Minute der Anschlusstreffer der US-Amis. Auch schade! Die Jets verteidigen gut, doch sie werden pausenlos unter Druck gesetzt. Da klingelts dann schon mal.
Die Eishockeyflächen in Nordamerika sind kleiner als in Europa. Das macht ein Spiel schneller, da die mittlere Zone auch fixer zu überwinden ist und somit der Spielaufbau sozusagen im Zeitraffer stattfindet. Mehr Tempo führt zu mehr Torszenen. Und auch mehr Treffer, meistens.
Das Drittel ist vorüber, die Eismaschinen arbeiten und auf dem Würfel überbieten sich die Werbungen. Michi hat angekündigt, dass wir den großen Bildschirm nach dem zweiten Drittel streng im Auge behalten sollen. He? Was geht ab? Erstmal nix! Langweilig, wie auch das gesamte Drumherum nicht so spektakulär ist wie in Calgary oder streckenweise in Edmonton.
Im zweiten Drittel bekommt der Keeper der Jets wiederum ziemlich viel zu tun. Der Stock des Verteidigers fliegt bei einer Abwehraktion meterhoch. Mit einer starken Leistung hält der Torwart sein Team lange im Spiel, dann schlägt es in der 30. Minute bei ihm ein. Ausgleich. Es scheint, die Jets kommen garnicht mehr aus ihrem Drittel heraus, doch wenn das mal der Fall ist, sind sie auch brandgefährlich. Mit dem Unentschieden geht es in die Pause. Jetzt sollten eigentlich auf dem Videowürfel unsre Namen erscheinen, die beiden Guys aus Kanada haben den Gruß an die 'Gäste aus Germany' arrangiert. Just jedoch in dem Augenblick erhebt sich unsre Vorderreihe und beginnt ein Gespräch mit uns. Das ist zwar lieb gemeint, stört jedoch gerade in diesem Augenblick. Und so verpufft die Überraschung beim Smalltalk, weil kaum jemand von uns (so gut wie keiner) den Hit wahrnimmt.
Im letzten Abschnitt sind noch 12:22 auf der Uhr, da gelingt den Jets das 3:2. In der 53. Spielminute ziehen sie auf 4:2 davon. Die Bruins lassen nicht locker, kommen in den letzten 3 Minuten noch auf ein Tor zum 4:3 heran. Dann nehmen sie ihren Keeper raus, bringen einen weiteren Feldspieler und die Brechstange gleich mit. Es bleibt beim 4:3 - und wir haben wieder einmal einen Heimsieg gesehen.

Rudi Nauschütt

15.03.2019
14:04
13.03.2019 - Winnipeg/Manitoba
Flug von Calgary nach Winnipeg. 2 Stunden über eine endlose Landschaft wie ein Tisch mit einem weißen Laken drauf (Schnee). Genügend Raum für die Flugübungen der Royal Canadian Air Forces, die in Winnipeg stationiert sind. Hier störst du niemanden. Es gibt nur vereinzelte Farmgebäude, ansonsten nichts als Äcker, die vermutlich zu wärmeren Jahreszeiten mittels GPS gelenkter Traktoren bewirtschaftet werden. An die Fluggeräte der königlichen Luftwaffe angelehnt, wurde augenscheinlich das hiesige NHL Franchise Unternehmen mit dem bezeichnenden Zusatz 'JETS' bedacht.
Ein schweigsamer Taxidriver kutschiert uns in die City. Graue Schneeberge türmen sich entlang der Fahrbahnen und vermitteln fürs erste einen wenig charmanten ersten Eindruck von der Stadt, die das Prädikat 'kälteste der Welt' für sich beansprucht (komisch, ich dachte da mehr an Alaska). Unsere 'Gä­stekabinen' für den Rest unsrer Reise befinden sich erneut in Downtown. In einem Mittelklassehotel. Bis dahin entdecken wir nichts architektonisch aufregendes. Kalt ist es aber, wenn auch nur wenige Grad unter Null. Dennoch wetzen bei diesen Temperaturen schon die ersten Paketboten in Dreiviertelhosen zu ihren Kunden.
Vom Hotel aus sind es nur wenige Gehminuten zur Eishalle. Von außen ist sie kaum als solche erkennbar, sie wirkt mehr wie ein Buisiness Center, in dem es Büros, Bistros, Shops und Bars gibt. Das 'Stadion' an sich ist das Herzstück, bleibt jedoch außerhalb der Spielzeiten für uns unsichtbar. Wir schlendern durch die Läden, versorgen uns mit Jets-Devotionalien und landen am Ende in einer Sportsbar, die nicht Jet heißt sondern Shark (Hai). Lange Theke, Beamer und Screens auf jedem freien Zentimeter. Parallel laufen einige Hockeyspiele (live oder Zusammenfassung) über diverse Channel und so bleibt jeder Gast (gewollt oder nicht) auf dem neuesten Stand. Toronto liegt 5:0 gegen Chicago zurück und kommt noch in den letzten Minuten mit einer wahren Torflut auf ein Tor heran, muss sich jedoch mit 5:4 geschlagen geben. Die Vancouver Canucks gewinnen 4:1 gegen die Islanders, Leon Draisaitl trifft zum Sieg in der Verlängerung für seine Oilers und ein bisschen Basketballschlägerei gibt's auch zu sehen. Hamburger und Draft Beer gehören beim Rudelgucken inzwischen zu unsrer Standardverpflegung. Die weibliche Bedienung ist jung, flott, bauchfrei und peinlich genau geschminkt, dabei immer höflich, denn sie lebt vom TIP (Trinkgeld).
Für spät abends ist ein Blizzard (heftiger Schneesturm) angesagt. Die paar Schritte bis zu unsrem Domizil schaffen wir, bevor uns die Eiskristalle um die Ohren fliegen. Wir verziehen uns in die Hotelbar und lassen den 'Jäger*' raus.
  • eine weitverbreitete Wolfenbütteler Kräuterspirituose

Rudi Nauschütt

14.03.2019
21:27
12.03.2019 - Johnny B. Goode

Der Fahrstuhl schleppt uns auf den Calgary Tower (einst Husky-Tower, Wahrzeichen Olympias 1988) 190 Meter über der Stadt. Die wie ein Schachbrett angelegten Straßen liegen uns zu Füßen (im wahrsten Sinne, denn wir stehen auf einem Glasboden). Im Osten schimmert das zugeschneite Dach des Saddledome (heute abend Game Day). Gen Norden erheben sich zahlreiche Hochhäuser, bevor die Prärie (flach wie eine Pfanne) mit dem Horizont zu einer milchigen Einheit verschmilzt. Die kanadischen Rockies sind leider in der trüben Suppe nicht zu erkennen.
Die meisten Attraktionen Calgarys lassen sich zu Fuß abklappern. Die Olympic Plaza mit einer öffentlichen Eislauffläche und 'Hall of Fame' der Olympiagewinner von 1988 ist nur ein Steinwurf vom Tower entfernt. Von dort aus schlagen wir eine Bogen entlang des zugefrorenen Bow River an Chinatown vorbei. Zwischendurch kehren wir zum Kaffee (!) ein (aus dem jedoch ein, zwei Biere werden). Ein bisschen shoppen und schon ist der halbe Tag vorübeer. Es wird Zeit für Hockey.
Wir tragen nun alle die Flames-Symbole (auf Shirts, Cappies oder Schal). Schnell noch ein Becher Bier für 10,50 CAN Dollar und platznehmen in der altehrwürdigen Halle, in der 1988 die Eis-Olympioniken um Medaillen kämpften. Die Flames treten heute gegen die New Jersey Devils an. Frage: Was passiert mit dem Devil (Teufel) bei den Flames (Flammen). Letztere dürften zwei Vorteile haben: Zum einen spielen sie zuhause (bei dem bisher schläfrigen Publikum nicht immer eine Win-Win Garantie), zum anderen führen sie in ihren Reihen auf dem linken Flügel einen U.S.amerikanischen Weltklassestar. John Michael 'Johnny' Gaudreau. Spieler wie er können ein Match auch mal ganz allein entscheiden und selbst das zurückhaltenste Publikum mitreißen. Mal sehen, was der Bursche uns heute bietet.
Flammenzauber. Die Bunsenbrenner sind wieder in Aktion. Die Zuschauer kochen kurz auf, dann, so macht's den Eindruck, hat's wieder allen die Sprache verschlagen. Nach 17 Spielminuten liegen die Flames zu allem Übel 1:2 zurück, von Stimmung keine Spur. Nach 19 Minuten steht's sogar 1:3. Was ist los? Feuer aus? Das verkorkste erste Drittel ist indes schnell abgehakt, nachdem es 3:3 im zweiten steht. Dann folgt auch schon das vierte Goal für die Rot-Gelben aus Calgary. Und erneut der Ausgleich. Im dritten Abschnitt zünden die Flames endlich den Turbo und sichern ihren 2. Platz in der Western Conference. Die Zuschauer rasten geradezu aus (ansatzweise), sie skandieren Fangesänge und das Stadion erlebt sogar eine Welle. Kappen fliegen auf's Eis und die Kiss Cam fischt im Publikum. Gar die Ordner, alle im feinen grauen Zwirn tanzen Twist. Der Videowürfel zeigt darüber hinaus nochmal die schönsten Torszenen. Nachdem was wir bisher erlebt haben, ist im 'Sattel' geradezu die Hölle los. Am Ende feiern wir mit den Fans einen 9:4 Erfolg und 'Johnny' seine 3 Tore und 3 Assits.

Rudi Nauschütt

13.03.2019
16:40
11.03.2019 - Rodeo in den Bergen

Verdammt, die Erkältung plagt mich seit Edmonton. Es fühlt sich an, die Geräusche wollten durch einen Wattebausch durch mein Ohr dringen. Und dann noch das! Wir machen uns schon kurz nach fünf auf den Weg, wollen wir doch pünktlich in Canmore sein (100 km von Calgary - Tor zu den Rocky Mountains). In diesem Wintersportort (bekannt durch Olympia und etlichen Langlauf- und Biathlon-Wettbewerben) wird uns ein Shuttle aufgabeln und zum Ski-Doo-Event in die Berge bringen. Ski-Doo ist eine Motorsportart, die nun absolut nix mit Motorad-, Wohnmobilfahren oder anderen maschinell unterstützten Fortbewegungen gemein hat, an denen man gewöhnt ist. Was noch zu erleben ist.
Das Shuttle braucht gut 2,5 Stunden. Zunächst ein Stück durch den gerade erwachenden, verschneiten Banff National Park, dann biegt es in den Kootenay National Park ab und überquert die Grenze zwischen Alberta und British Columbia. Einige Kilometer hinter dem Thermalbadort Radium Hot Springs erreichen wir unser Ziel. Das Paradise Ski-Doo-Center.

Wir haben Verspätung. Alles muss jetzt schnell gehen. Zivilklamotten in Overall wechseln, Handschuhe an, Helm auf, Kameras montieren usw. Unser Guide gibt die ersten (und letzten) Anweisungen zur Handhabung der Brummer, die in einer Reihe hintereinander stehen und auf uns warten. Er erklärt drei Kommandos, die er in Zeichensprache während des Ritts geben wird. Das warˋs bereits. Ist ja easy! Aufsitzen!
"Fahrt mal zwei Runden zwischen den Pilonen Slalom und anschließend starten wir durch!", so sein Plan. Engine on, Brake off, der Kettenhobel setzt sich in Bewegung und pflügt durch den Pappschnee wie ein Trecker auf einem glitschigen Acker. Der Lenker schüttelt die Arme durch und das ungewohnte, breitbeinige Sitzen verspricht einen anschließenden Muskelkater. Die ersten Meter klappen prima. Es geht geradeaus. Auch die nachfolgenden Schlenker sind locker zu meistern. Nicht mal Kartfahren ist schöner, denke ich. Dann werden die Kurvenradien enger und es bedarf eines gefühlvollen Kraftakts, den Lenker zu bewegen.
Dies ist mein erster Ride auf einem Skijet und wird, das schicke ich mal voraus, nicht mein letzter sein. Allerdings heute ... da bricht dieser 'Traktor' aus und nicht ich fahre mit ihm, sondern e r mit mir. Als sei ich ein Cowboy, den man auf einem wilden Mustang geschnallt hätte und mittels Klapps auf den Hintern ins Rodeo ließe. Irgendwie habe ich wohl nicht beherzt genug den Lenker gedrückt, denke ich, er reagiert nur träge. Ich kille einen Pilon und lande neben der vorgegebenen Bahn. Zum Glück ist ringsherum freies Feld und damit bleibt der Patzer ohne Konsequenzen. Zeigt jedoch, ich brauche noch Übung. Die andren haben ihre zugewiesenen Platzrunden mehr oder weniger mit Bravour absolviert. Bis auf eine Ausnahme sind sie alle schon einmal Ski-Doo gefahren und dürften somit schon etwas mehr Gefühl für den ungewohnten Motorschlitten entwickelt haben.
Der Guide ordnet noch eine Strafrunde für mich an. Gerne! Spaß machts ja, doof nur, die andren müssen warten. Die Runde geht allerdings voll in die Hose. Auf Schnee zu fahren ruft bei mir immer einen ungewollten Abwehrmechanismus hervor. VORSICHT IS GLATT! Beim Skifahren klappts inzwischen, den zu ignorieren und entsprechend zu agieren, beim Autofahren sowieso, doch dieses Kettenfahrzeug reagiert komplett anders, scheint mir. Die Übertragung meiner Hirnsignale brauchen jetzt vom Kopf bis zu den ausführenden Händen etwas zu lange. Somit 'arbeiten' letztere auch anders als normal und kriegen den Doppelsitzer nicht in den Griff. Sobald ich in eine Fahrrinne gerate ist wieder 'Hängen im Schacht'. Hab ich mir leichter vorgestellt. So mal eben, hopplahopp mit Null Trainung und Zeitdruck, nebst einer Nase im Dauerlauf kann ich mich nicht konzentrieren. Damit wir endlich loskommen, lasse den Hobel fürs erste stehen und steige beim Guide auf den Sozius. Für künftige Ausritte gilt: ICH KRIEG DICH NOCH KLEIN! (was nicht wörtlich gemeint ist).
Auf 14 km Winterpfaden überwinden wir 1000 Höhenmeter. Wegen Lawinengefahr, müssen wir stellenweise aus Sicherheitsgründen (bloß nicht einen Schneerutsch wecken) 200 Meter Abstand voneinander halten. Mein Driver rattert voran, die andren kommen wie an einer unsichtbaren Schnur gezogen hinterher. Es stinkt nach Abgas. WIr machen an einem zu Eis erstarrten Wasserfall ein kurzes Päuschen, geben dem Klima Zeit, sich ein wenig zu regenerieren. Eichhörnchen schimpfen uns aus. Sie hüfen zwischen den Zweigen hin und her.
Die Ausflugsgesellschafft tuckert anschließend bis zu einer ehemaligen Silberminenenhütte, die inzwischen zum einfachen Grill&Chill für die Ski-Doo-Gäste umgebaut wurde. Es werden Hamburger gegrillt und nach dem Snack winkt ein Funpark, zum austoben. Nun ist es doch gut, dass ich nicht aktiv mitrattere, da kann ich mich auf die Film- und Fotodoku konzentrieren. Allerdings wird's nach einiger Zeit recht frisch auf über 2000 N.N. und dazu beginnt's jetzt auch noch leicht zu schneien.
Einige in unsrer Gruppe haben sich schon richtig gut mit der Höllenmaschine angefreundet und geben auf den Geraden kräftig Gas. Fetzen die Hügel rauf und runter. Manche Passagen sind so steil, dass mir bereits beim Zuschauen flau im Magen wird. Dank der mitlaufenden Schneekette, halten alle auch an solchen Stellen Kurs und fallen nicht kopfüber. Nochmal zwei Runden, dann müssen wir auch schon wieder 'Downhill'. Beim filmen (ich sitze wieder auf dem Rücksitz), denke ich kurz, so müssen sich die Kameraleute bei der Tour de France vorkommen, die halb den Rücken verrenken, um der spektakulären Einstellungen wegen.
Der Guide gibt Kette und rast plötzlich so schnell die Piste (etwa 2 Meter breit) runter, dass ich Mühe habe meine Aufnahmen zu machen und nicht vom Bock zu fallen. Die nachfolgenden Rider kommen anfangs nicht hinterher, werden jedoch zum Ende immer sicherer und damit auch flotter. Irgendwie ist es dann aber doch beruhigend, dass wir es alle heil überstanden haben.
Fazit: Ski-Doo ist der Hit. Manche (wie ich) brauchen nur etwas mehr Zeit zum ausprobieren.

Rudi Nauschütt

12.03.2019
17:12
10.03.2019 - Game Day 3

Zum heutigen Spieltag reisen wir durch die Prärie. Von Edmonton nach Calgary mit dem Bus. Der benötigt etwa vier Stunden, bietet jeglichen Komfort einschließlich WLAN (allerdings 'reißt' schon mal das Internet). Auf dem Highway ist nix los. Es geht meist schnurgeradeaus. Viel zu sehen gibt's auch nicht. Mit hundert geradeaus durch eine verschneite Steppe, da kommt Langeweile auf. Eines der spärlichen Highlights ist allerdings dieser Schnee, der in der strahlenden Sonne glitzert und den Eindruck erweckt, an einem Diamantenfeld vorbeizugleiten. Bald sind wir nahezu alle eingenickt, es war ein feuchtfröhlicher Abend und zu allem Trara musste noch die Uhr um eine Stunde vorgestellt werden (Springtime in Alberta). Nah bei Calgary tut sich dann endlich was am Horizont. Die Bergkette der Rockies ist zu sehen.
Etwas später erreichen wir Downtown. Es ist wenig los im Zentrum, die Büros sind geschlossen (Sonntag), Menschen sieht man nur wenige und einige Autos durchqueren die Straßenschluchten wie verlorene Insekten in einer Steinwüste. Uns fällt allerdings der Unterschied zu (einer ebenfalls leergefegten) City von Edmonton auf. Calgary hat noch ältere Bausubstanz zu bieten. Das macht die Stadt attraktiver.
Calgarys NHL-Cub sind die 'Flames' und schwuppdiwupp hat der ein oder andre von uns sich von seinem Oilertrikot getrennt und läßt nun auf seiner Brust das große C (für Calgary) mit der Flamme (Bezug zur Petroindustrie der Region) lodern. Letzendlich ist es auch wurscht, wer welches Trikot trägt, nur die Liebe zum Eishockeysport zählt.
Wir übernehmen eine fette Karre (Toyota Siebensitzer) für das morgige Outdoorevent (Ski-Doo-Tour in den Rockies) - da müssen wir bis Canmore fahren, hauen uns nochmal den Bauch voll und marschieren strammen Schritts durch die City zum Saddledome (einem Sattel nachempfundene Mehrzweckhalle und zu den olympischen Spielen 1988 erbaut). Die Halle hat schon Patina angesetzt, ist aber immer noch ein Hingucker.
Die Flames vs. Vegas Golden Knights (ein erst vor zwei Jahren gegründetes U.S. amerikanisches Team, dass bereits in ihrer ersten Saison überraschend bis ins Finale gebracht hat - man sei gewarnt!). Und für wen schlägt unser Herz?
Oh Canada! Die Hymne wird nach der amerikanischen von einer Sängerin live dargeboten. Die Halle applaudiert, einige Zuschauer schmettern den Refrain mit. Es steigt die Spannung, jedoch nicht unbedingt die Stimmung.
Die Flames zünden ihr Feuerwerk. Erstmal nur bei der Opining Zeremonie. Flammenzungen schießen aus versteckten Bunsenbrennern unter dem Hallendach und rund herum des (im Vergleich zu Edmonton bescheidenen) Videowürfel. Dazu hämmern die ersten Takte 'Hells Bells' von ACDC (fetzt immer). Was für ein Spektakel!
Auf dem Eis gehts munter los. Aus einem Wechselfehler der 'goldenen Ritter' profitieren die heimischen Flames und versenken den ersten Treffer. GOAL! Die Bunsenbrenner sind wieder in Aktion und spucken munter Flammen. Mit dem Wechseln hat es die Heimmannschaft auch nicht so. Wie ich finde, zuviele Fehler der Bankregie. Glücklicherweise ziehen die Flames auf in der 13. Spielminute auf 2:0 davon, ohne dass sich die vielen kleinen Nachlässigkeiten, die jetzt die Abwehr offenbart, rächen. Die 'Ritter' haben ihr Spiel übrigens in Vancouver haushoch gewonnen. Mag sein, dass der Sieg ihnen zu Kopf gestiegen ist und sie 'mal locker einen raushauen' wollten. 5 Minuten vor Ende kommen sie dann auf ein Tor heran. Zur Pause lassen sie jedoch noch ein weiteres zu und es steht 3:1 für die Calgary Flames.
Im zweiten Abschnitt droht das Match zu kippen. Plötzlich packen die Ritter ihre Rüstung aus und kommen sogar bis zum Ausgleich, der ihnen jedoch in der letzten (wieder mal) Minute des 2. Drittel durch ein sehenswertes Tor der Flames weggeschnappt wird. 4:2. Bei jedem Tor der Flames wird gejubelt und heiße Flammen tanzen unter dem Stadiondach. Überwiegend ist jedoch auch in dieser Halle das Publikum nicht gerade enthusiastisch gestimmt. Man begleitet den Spielverlauf überwiegend mit einem Dauerraunen, unterhält sich über dies und das, zappt im Smartphone und nippt an den Getränken. Teilweise herrscht sogar so was wie Totenstille und der 'Gerä­uschpegel' entspricht einem Geisterspiel. Immerhin, wir können noch zweimal aufspringen und den Flames zujubeln. Mit 6:3 werden die Ritter heimgeschickt. Die Mission der Flames THE NIGHT TO BEAT THE KNIGHTS wurde erfüllt.

Rudi Nauschütt

10.03.2019
19:17
09.03.2019 - Game Day 2

Endlich wieder NHL EISHOCKEY!! Live!! Was für eine Megashow!
Den Tag über lassen wir uns mittels Sightseeing-Bus um den 'Pudding' schuckeln. Der Fahrer klärt uns darüber auf, dass die Städteplaner ein neues Konzept umsetzen. Sie beabsichtigen wieder mehr Wohnungen in Downtown zu errichten, um mal eines Tages auf über 20.000 Innenstadt-Einwohner zu kommen. Bisher war der Stadtkern eher ein großes Bürohausmonstrum und lag nach 'Nine to Five' nahezu verlassen. Es gähnten die Langeweile und zu viele Freiflächen. Die wurden als 'Parking Land' genutzt. Parkplätze zwischen den Häuserschluchten bringen aber kaum Lebensfreude, allerdings eine durchaus lukrative Einnahmequelle für die jeweiligen Betreiber.
Dem jüngsten Bebauungsplan geschuldet, ist Edmonton derzeit eine riesige Baustelle. In den Glasfassaden flammneuer Hochhäuser spiegelt sich einwachsendes, hochmodernes Edmonton, in dem es wieder lebenswerter werden soll. Hunderte Bars und Restaurants offerieren teils die beste Küche, dank einer Hochschule für 'Chefs' (Köche), von denen nicht wenige nach ihrer Ausbildung an Ort und Stelle bleiben und den Löffel schwingen.
Wir werden durch die älteren Stadviertel auf der andren Seite des Fluss kutschiert. Älter bedeutet, die Gebäude stehen nicht viel länger als 100 Jahre auf ihren Fundamenten. Da, wo die steinreichen Edmontoner wohnen (zum Beispiel der milliardenschwere Eigentümer der Oilers), ist der Ausblick auf den Saskatchewan River und die Skyline besonders großartig. Die Herrschaften hatten einst eigens für diesen Ausblick die Bäume in Hanglage wegrasiert. Dumm nur, durch den Kahlschlag fassten die steilen Hänge zum River keinen Halt und die ganze Chose kam ins Schliddern. Inzwischen wird wieder gepflanzt und die Erosion sei gestoppt (hoffe man). Wär ja auch zu dumm, wenn die zwischen 1,4 und 4,5 Millionen Dollar teuren 'Eigenheime' eine unfreiwillige Rutschpartie machen.
Game Day: 16:00 Einlass. Menschentrauben in Blau und Orange schieben sich durch die Sicherheitsschleusen. Die Vereinsfarben (blau für die Gäste - Ahornblätter - Maple Leafs - Toronto/ orange für die Heimmannschaft, Oilers) sind gerecht 50/50 aufgeteilt. Dennoch entsteht der Eindruck, die 'Leafs' stellen die Überzahl. Zumindest sind sie lauter, als die Anhänger der Oilers. Die kontern allerdings mit einer DJ Offensive aus fetten Stadionlautsprechern, dass es fetzt. So langsam reicht der Geräusch- und Fanfunpegel an eine echte Eishockey-Game- Stimmung heran, so wie wir sie von daheim kennen. Durch die Schlachtgesänge der 'Blauen' GO LEAFS GO lassen sich sogar die ansonsten schweigsamen 'Orangenen' ein wenig von der Stimmung anstecken und skandieren LETS GO OILERS. Viel zu lachen haben sich jedoch während der Spielzeit nicht. Kurz vor Ende stehts 0:3. Schaffen sie noch die Wende in den letzten Minuten?
Die Ahornblätter dominieren. Doch dann ...
Dann schlägt es gleich zwei mal bei den Gästen ein. Bei beiden Toren hat der Deutsche (Leon Draisaitl) mit Vorlagen gescored. Letztendlich reicht's jedoch nicht mehr und in dieser Saison wird's wohl nix mit einem begehrten Play Off Platz.
Die Leafs und die Oiler-Fans verlassen diszipliniert die Wettkampfstätte, liegen sich in den Armen und in manchem Pub fließt das Sieger, oder Verliererbier, je nachdem auf welcher Seite man steht. Wir kehren in unsrer vorübergehenden 'Stammkneipe' ein, bedanken uns beim spendablen Wirt mit warmen Worten und einer zünftigen Zeche.

Rudi Nauschütt

09.03.2019
16:07
08.03.2019 - Spielfrei

Schneeschauer über Edmonton. Die Welt ist weiß gepudert. Ein Wetter zum 'Drinnenbleiben'.­ So im Flachen und ohne Ski. Und was eignet sich für derartige Situationen besser, als die weltweit sechstgrößte Mall zu besuchen, angeblich immer noch die größte Nordamerikas. Taxi rein und hin. Taxifahren ist hier relativ preiswert und witterungsunabhängig. Was der Driver dahingend beweist, dass er flott über die Schneedecke rutscht. Sie nehmen es eh gelassen, die Yellow Cabs. Selbst Baustellen sind für sie kein Hindernis. Man kenne eh nur zwei Saisons: Winter and Construction (was auf vom Schnee nicht geräumte Fahrbahnen und deren dauernder Erneuerung gemünzt ist).
Edmontons West Mall (der erste Bauabschnitt) wurde bereits 1981 eröffnet, damals war sie das größte Einkaufszentrum auf unsrem Globus. Cirka 800 Geschäfte gilt es zu durchkämmen. Reicht das immer noch nicht, kann man Rollercoaster fahren, bis die Gesichtsfärbung einsetzt. Kino ginge auch, oder Wellenbad. Streichelzoo? Absolutely! (Letzteren Ausruf hören wir ständig. Absolutely! Du bestellst ein Canadian Bier. Absolutely! Einen Kaffee. Absolutely! Wie ist das Wetter? Perfect, absolutely!
Der (an einigen Ecken der Mall) disneyhafte Kulissenbau reicht von italienischer Altstadtfassade bis zum detailgetreuen Piratenschiff, in dessen Schatten Seelöwen auf ihren nächsten Showeinsatz warten. Einmal durch die Mall, der Tag ist um. Wem es dann noch gelingt, im Casino zu punkten hatte den perfekten Tag. So wie ich höre, ist das einigen von uns tatsächlich gelungen.
Am späten Nachmittag teilt sich die Gruppe auf. Die einen kurieren ihre beginnende bzw. fortgeschrittene Erkältung, die anderen besichtigen das Eisschloss (abends mit Beleuchtung). Und zum Absacker geht's ausnahmsweise in den Hudsons Canada's Pub. Die Musik scheppert brüll-laut, die Flachbildschirme flimmern alle möglichen Sportereignisse und die Hamburger schmecken köstlich. Das Canadian Bier sowieso.
Morgen ist wieder Match. Toronto Maple Leafs vs. Oilers.

Rudi Nauschütt

08.03.2019
19:16
07.03.2019 - 242 Stufen, Eis, Schnee und das große Schweigen


Minus 17 - kalte Sonne. Für winterliche Verhältnisse kanadischen Maßstabs ist's eher Frühlingsanfang. Bis vor kurzem wurden -38 gemessen. So jedoch ist die Natureissaison fast am Ende. Wir befinden uns am Rande der 900Tausender Stadt Edmonton im Hawrelak Park. Allein mit einem LKW, der Wasser über die leere, öffentliche Eislauffläche verspritzt. Die ist in sommerlicher Wirklichkeit ein See und ungefähr so groß wie mehrere Fußballfelder, hat mittendrin eine natürliche Insel und drumherum gespurte Loipen. Irgendwie fühlen wir uns so allein gelassen in der 'Nicht Fisch nicht Fleisch' Saison - zwischen Wintersport und Sommerrodelbahn. Bedauerlich. Der Schlittschuhverleih hat sich bereits verabschiedet und damit leider auch das gastwirtschaftliche Gewerbe. Zumindest bis es wieder wärmer wird. Darauf werden wir nicht warten. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als mal 'ordentlich' zu 'wandern', ohne Einkehrschwung. Warm eingepackt ein wahres Vergnügen, bis die Nase glüht. Wir stapfen durch den Schnee und zum Ende eiern wir die Abkürzung über das Eisfeld. Gaaanz vorsichtig.
Im Park stehen noch Eisskulpturen, die mal einen Hai mit weit aufgesperrtem Maul zeigen, mal einen poussierlichen Drachen neben einer Gruppe Märchenfiguren. Auf einem 'eisigen' Thron posierend kann man wunderbar einen auf Germany Next Top Model mimen. Im Winterklamotten Design. Das Eis fühlt sich trocken an und dank der klirrenden Kälte schmilzt es uns auch nicht unter Hintern weg.
Wir sind mit dem Taxi hergekommen, können aber nicht per Taxi zurück. Derzeit gibts keine. Der Weg bis zur nächsten Bushaltestelle ist kurz (zumindest wird er 'Umme Ecke' angezeigt). Der Bus kommt jedoch nicht, da die Haltestelle seit über einem Jahr außer Betrieb genommen wurde. Merkt man aber erst, wenn man dort angekommen ist. Weiterlaufen! Über den zugefrorenen Saskatchewan River. Wir nehmen jedoch (sicherhaltshalber) die Brücke. Zugefrorene Fließgewässer kennen wir in unsren Breiten nur aus den Überlieferungen unsrer Vorfahren und insofern trauen wir dem 'Braten' nicht, obwohl man vermutlich mit einem 40Tonner drüber rattern könnte.
Die Kanadier sind mir allgemein als aufgeschlossen, um nicht zu sagen positiv neugierig interessiert gegenüber Fremden bekannt. So spricht uns denn auch eine ältere Dame an (sie mag gefühlt 100 sein und hat soeben ihre Langlaufski abgeschnallt). Wo kommt ihr her, wo wollt ihr hin? Das Übliche eben. Da bemerkt sie die 'Oilers' Mützen auf einigen Köpfen und kann überhaupt nicht fassen, dass wir eigens aus Europa herüberfliegen, um gerade diese (sinngemäß) Luschenmannschaft zu sehen. Seitdem Gretzki der Große (er ist noch heute sowas wie der 'Gott' des kanadischen Hockeys) nicht mehr dabei sei (1988), sei sie auch nicht mehr in der Arena gewesen. Sie gibt uns noch mit auf den Weg als die bessere Alternative zu den Spielen von Banff nach Jasper über den Icefield Parkway zu cruisen und uns die schöne Gegend anzugucken. Ok, beim nächsten Mal. Vielleicht. Jetzt sehen wir uns einer neuen Herausforderung gegenüber. Die 'Himmelstreppe'.­ Um wieder einigermaßen nah an eine Bushaltestelle zu gelangen zünden wir zu deren Bewältigung unsre Sportlerherzen. Atemlos klettern wir die 242 Stufen hinauf und haben von oben einen fantastischen Blick auf den Saskatchewan River. Nachdem wir alle unsren Puls wieder auf Entspannungsmodus gedrückt haben.
DAS SPIEL!
Erste Hockeynight. Allein schon der Tempel der Oilers ist eine Kompostion aus Opernhaus und Kongresszentrum. Mega modern in Form eines Ölstroms 'fließt' es förmlich zwischen den Hochhäusern dahin. Gretzky, der Eishockeygott, gegossen in Bronze (nehme ich an), 'wacht' am Eingang. Er stemmt den heiligen Gral aller Hockeyspieler (und Fans), den Stanley Cup, in die Höhe. Wenn das kein Ansporn ist! Wir betreten den 'Tempel', werden sogleich von einem Volonteer begrüßt und auf die 'passende' Rolltreppe 'bugsiert', über die wir in die große Empfangshalle gleich einem Konzerthaus gleiten. Menschentrauben hängen vor den Securitytoren. Die Abfertigung ist flott. Handykarte einscannen. Blöd nur, wenn der Akku leer wäre. Ist er jedoch nicht. Alles funktioniert reibungslos.
Wir lassen uns nach dem Sicherheitscheck (wiederum per Rolltreppe) bis in den obersten Rang transportieren, werden mit zünftig sportlichen Faustgruß eines in die Jahre gekommenen Fans bedacht und...
... kaufen zu allererst unsre Ration Bier. Acht Euro für die Halbe. Oktoberfest München lässt sich dagegen an wie ein Schnäppchen. Aber egal, es ist Hockeytime NHL, ein Traum für viele Fans in Europa, dabei zu sein. Was sind da die paar Dollar ...
Eine perfekte Lightshow und hammerharte Elektromusic vor Spieleröffnung. Laserstrahlenfinger tasten die Eisfläche ab. Bilder werden darauf projeziert wie auf eine überdimensionale, horizentale Leinwand. Der Stadionsprecher verkündet geradezu ekstatisch die Namen und Rückennummern der Protagonisten, die ergänzend zu seinem Wortschwall mittels Kurzportrait virtuell über den Videowürfel jagen. Dann endlich laufen die Teams auf, drehen zum letzten mal ein paar Kringel und verziehen sich bis auf die Starting Line auf ihre Bänke. Ein letztes Raunen schwingt durch die Halle. Ganz oben, unter der Kuppel sitzen wir und bestaunen das über 20.000 Zuschauer fassende Rund und den überdimensionalen Videowürfel (groß wie ein Wohnhaus - man könnte meinen, sogar größer als unsre heimische Eishalle). Zur Nationalhymne 'Oh Canada' erheben sich alle von ihren Sitzen (Stehplätze gibt es nicht). Die wird von einem Solosänger dargeboten, einige Zuschauer singen oder summen mit. Ich summe. Noch schnell einen Schluck Bier aus dem Plastikbecher und dann ..
Face off (erster Bully). Der Fight der beiden Kontrahenten läuft von der ersten Sekunde an Vollgas. Kein Abtasten mehr, man kennt sich offensichtlich und weiß garantiert um die Stärken und Schwächen der Gegenspieler. Nach einigen Sekunden haben sich die Oilers im gegnerischen Drittel festgebissen. Und so verläuft das Match auch über weite Strecken.
In Europa und vor allem in unsren Stadien wird die Puckjagd von schmetternden Fangesängen begleitet, irgendjemand hat dabei immer auf eine dicke Trommel, auf die er kloppt und wenn sich etwas auf dem Eis ereignet, oder auch nicht, ertönen Pfiffe, dass einem das Trommelfell zum flattern bringt. In Kanada ist das augenscheinlich völlig anders. Es bleibt die meiste Zeit über, ja man kann fast sagen, totenstill. Es fehlt sozusagen der letzte Mann, der durchaus mit seinen Anfeuerungen nicht zu unterschätzen ist und auch schon mal eine Mannschaft nach vorn peitscht.
Vergeblich versuchen hier die Animateure, sei es nun der völlig aufdrehte Stadtionsprecher (hochroter Kopf, kurz vor dem Platzen) oder die ballernde Discomusik in den Spielpausen den Burner zu zünden. Eine Liveband spielt in der obersten Gallery Dorfkapelle und ab und zu erklingen die ermüdenden Orgeltöne, wie man sie aus einem schlechten Videospiel kennt. Ansonsten herrscht eine Stimmung wie beim Hallencurling. Ab und an erklingt ein desorganisiertes 'LETS GO BOYS' aus verlorenen Kehlen. Mal ein Ah und ein Oh, wenn der Puck nicht sein Ziel erreicht, was naturgemäß überwiegend der Fall ist. Erst bei einem Torerfolg flammt mal so etwas wie Volksfestatmosphäre auf. Bloss nicht zu lang Leute! Und schon ist wieder alles ruhig. Die Spieler geben ihr Bestes, fegen hin und her und doch wirkt das Geschehen surreal. Wir sitzen gemütlich beim Lästern, unsre Nachbarn mit den orangefarbenen Oilers Trikots üben sich in Schweigen und die Jungs da unten laufen um ihre Vertragsverlängerung. Oder einen neuen Arbeitgeber.
Die Oilers gehen in Führung. Bald sogar steht es 3:0. Für die Canucks bahnt sich ein Desaster an. Sie haben bereits gestern gespielt. Ihr Heimspiel gegen Toronto. Und in der Verlängerung gewonnen. Vermutlich sind sie ausgepumpt. Im letzten Drittel schaffen sie es noch bis auf ein Tor ranzukommen. Dann ist Schluss und die 18.000 verdünnisieren sich in einem rekordverdächtigen Tempo. Wir schwimmen mit der Masse und landen schlussendlich in der Kneipe vom Vortag. Ob der kauzige Wirt sein Versprechen einlöst und uns seine Best Seats Ticket überlässt?
Der Laden ist genauso verwaist wie gestern. Gähnende Leere. Komisch! Was geht hier ab? Nach einem Spieltag (und einem Heimsieg) müsste in einer Oilers Bar die Hölle los sein. Ist es aber nicht. Alles ruhig und das Schweigen setzt sich fort. Allein die TV Screens flimmern Wiederholung um Wiederholung, gespickt mit Werbung. Wir lassen uns neben den Devotinalien goldener Hockeyzeiten (Embleme, Fotos, Zeitnehmeruhren und all so'n Kram) nieder. Bloß nicht zu laut die Stühle rücken! Die Stille könnte abhanden kommen.
Dann schlurft er auch schon aus dem Off. Der Wirt. Dynamisch ist anders. Entweder hat er zuviele schlechte Pilze verspeist, oder er ist auch heute wieder sein eigener, bester Gast.
Er macht es tatsächlich. Er löst seinen, wie er sagt Deal ein und überreicht uns die Karten. Das Stück zu 311 Dollar auf dem schwarzen Markt sicher mehr. Zum Deal gehört allerdings auch, dass der edle Spender am Tisch sitzen bleibt und uns volltextet (frag mich nicht nach Sonnenschein!). Vermutlich ist er happy über unsere Gesellschaft (Juhu endlich Gäste!!), oder er weiß nichts besseres mit seiner Zeit anzufangen. Falls wir nochmal wiederkämen, könne er uns noch seine speziellen Bierkrüge schenken. Ok! Unsre einhellige Meinung ist: Falls wir hier einen Stammtisch aufmachen, übernehmen wir sicher bald den Laden und bekommen von ihm je eine Dauerkarte für die Oilers. Auf Lebenszeit.

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